Online-Kurse begegnen uns immer öfter im Internet – zwischen fragwürdigen YouTube-Channels und Pseudo-eBooks als Email-Köder entwickelt sich eine neue Industrie zu Wissensprodukten, die echten Mehrwert liefern können. Vom Erfahrungsschatz des Fliegenfischers bis zur Mitarbeiterschulung nach Systemumstellung – Online-Kurse erstellen heisst, spezifisches Wissen in leicht abrufbarer, didaktisch eingängiger und zeitlich und örtlich flexibler Form zur Verfügung zu stellen. Um dabei die Qualität von Inhalt und Format sicherzustellen, soll die nachfolgende Anleitung eine Orientierung bieten.
1. Der eigene Online-Kurs: die Voraussetzungen
Das Thema: worin habe ich einen relevanten Wissens-Vorsprung?
Um anderen etwas beizubringen, braucht’s einen Vorsprung an Wissen. Irgendwas, das Sie besser oder in jedem Fall so anders machen, daß es für andere interessant ist. Aus Unternehmens-Perspektive ist das sicher das Know how zu Produkten und Dienstleistungen, das Ihren Kunden weiterhelfen kann. Oder aber zur internen Fortbildung die Aufbereitung von Schulungsinhalten, die statt in einer Roadshow asynchron und ortsunabhängig per Web vermittelt werden.
Abseits vom klassischen B2B- und B2C-Kanal eröffnet das Format Online-Kurs ein neues Geschäftsfeld zwischen allen Akteuren: jeder kann jedem potentiell einen Mehrwert bieten. Das Internet ist voll von Kochrezepten, Life-Hacks, Trainingsplänen, Kaufempfehlungen, Ernährungstipps, Produktbewertungen usw. Diese isolierten Informationen in einem übergeordneten Thema sinnvoll zu kombinieren und in schlüssige Reihenfolge zu bringen ist der neue Nutzen des noch jungen Wissensprodukt „Online-Kurs“.
Über diese 3 Fragen nähern Sie sich Ihrem Experten-Potential:
- In welchem Thema habe ich über Beruf oder Hobby einen Erfahrungsvorsprung?
- Zu welchem Thema fragen mich Freunde, Kollegen und Bekannte wiederkehrend?
- Bei welchem Thema denke ich immer wieder: das kann/weiss/mach ich aber besser?
Die Zielgruppe: an wen richte ich meinen Online-Kurs?
Wenn das Thema feststeht, liegt auch schon mal ein erstes Publikum nahe – den Fliegenfischer interessiert Köderwickeln und den Daytrader die Charttechnik. Dabei gilt:
Je spezifischer das Thema, desto kleiner der Kreis der Interessenten.
Je allgemeiner das Thema, desto niedriger das Interesse.
Nur bei Trendthemen kann ein großer Kreis für begrenzte Zeit hohes Interesse zeigen. An wen ich meinen Online-Kurs richte hängt also weniger von der inhaltlichen Ausrichtung als mehr von meiner eigenen Zielsetzung ab.
Dabei gibt es drei grundsätzliche Modelle:
- Fortbildung eigener Mitarbeiter
- Bindung bestehender Kunden oder
- Neukunden für eigenes Geschäftsfeld
Wenn ich meine Expertise definiert und mein Geschäftsmodell festgelegt habe, ergibt sich die Zielgruppe automatisch daraus, wie und wo ich meinen Online-Kurs anbiete. Was uns zum nächsten Punkt auf dem Weg zum eigenen Online-Kurs bringt:
2. Welche Art von Online-Kurs erstellen ist für mich geeignet?
Es gibt keine Definition, was ein Online-Kurs ist – und damit auch nicht, was nicht. In jedem Fall ein internetbasiertes Lernkonzept. Aber auch ein strukturierter Blog-Artikel oder ein kuratierter Youtube-Channel können Lerninhalte vermitteln. Wenn wir aber von Online-Kurs im engen Sinne sprechen, meinen wir eine der drei nachfolgenden aufeinander aufbauenden Lern-Varianten:
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Selbststudium
Das klassisches eLearning: ein sogenanntes Lernmanagementsystem (LMS) bringt die Inhalte in eine interaktive Modul- und Lektionsstruktur, durchsetzt von Wiederholungsfragen, Zwischen- und Abschlusstests. Der Teilnehmer kann Lerntempo und u.U. auch die Reihenfolge selbst bestimmen.
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Selbststudium plus Sprechstunde
Ergänzend zum LMS wird ein Gruppen- oder Einzelcoaching zur selektiven Vertiefung angeboten. Neben dem asynchronen Lernen mit statischen Inhalten beantworten Dozenten oder Lernbetreuer gezielte Fragen.
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Selbststudium plus Sprechstunde plus Live-Unterricht
In der Vollvariante wird der Inhalt zusätzlich zum asynchronen Abruf vollständig und regelmäßig über Online-Meetings in einem Klassenverbund unterrichtet (sog. Blended Learning). Mit ergänzenden Unterrichtsmaterialien und individuellem Dialog ist dies die intensivste Form des Online-Kurses.
3. Konzept: Wie baue ich einen Online-Kurs inhaltlich auf?
Inhalte
Einfachste Methode: Stellen Sie sich Ihren Online-Kurs vor wie eine Buchzusammenfassung. Die Seiten sind der Stoff, das Inhaltsverzeichnis die Struktur. Und das komprimieren Sie jetzt anschaulich auf’s Wesentliche. Damit haben Sie jetzt Ihr Rohmaterial zusammen und können wie folgt verfeinern.
Medien
Damit sind wir schon bei den verwendbaren Mitteln: Neben Texten, Grafiken und Bildern stehen auch erweiterte Digitalformate wie Video und Audio zur Verfügung. Des Weiteren kommen je nach Umsetzungsvariante interaktive Elemente wie Multiple Choice- oder bedingte Fragen dazu. Die Maxime „weniger ist mehr“ ist hierbei nicht nur ästhetisch wertvoll, sondern nimmt auf kognitive Limits Ihrer Adressaten Rücksicht – Effekthascherei und Dekoration bedienen mehr die Eitelkeit des Autors als den Lernerfolg des Teilnehmers.
Didaktik
Und für den kursspezifischen Feinschliff stellen Sie sich einfach vor, Sie hätten von Ihrem Expertenfeld keine Ahnung – nehmen also die Perspektive Ihres potentiellen Kursteilnehmers ein. Ein Grundgerüst mit zuspitzendem Aufbau von allgemein bis speziell, durchsetzt mit einigen Wiederholungsschleifen und Querbezügen ist dabei bewährtes Rezept.
Zur Abrundung ist es ratsam, die ersten Versionen des jeweiligen Online-Kurses im engeren Umfeld zu testen und dieses Feedback zur Abrundung zu verwenden – Manchmal liegt die Gefahr nahe, sich im Thema zu verlieren und damit den Zugang für Aussenstehende zu erschweren. Auch hier gilt: weniger ist mehr. Verständlich geht dabei vor fachlich akkurat und manche Abkürzung erleichtert den Gesamtzusammenhang und opfert dafür unwesentliche Details.
4. Wie setze ich einen Online-Kurs technisch um?
Eigene Website: WordPress + LMS-Plugin
Der Königsweg ist eine eigene Website für Ihre(n) Online-Kurs(e) aufzusetzen. Dabei bieten Sie unter ihrer eigenen Domain bzw. Marke die Funktionen an, die Sie wollen, gestalten die Website in Ihrem individuellen Design und haben volle Erweiterungsmöglichkeiten (Hier geht’s zur Anleitung „Eigenen Online-Kurs mit WordPress erstellen„).
Vorteile:
- Große Gestaltungsfreiheit
- Volle Kontrolle über Nutzerdaten
- Individueller Funktionsumfang
- Niedrige laufende Kosten
Nachteile:
- Vergleichsweise hohe Erstellungskosten
- Laufender Betreuungsaufwand
Allgemeine Membership-Plattform
Websites wie memberful.com oder podia.com oder digimember.de bieten geschlossene Mitgliedsbereiche an. Als Autor können Sie hier ihren individuellen Mitgliedsbereich gestalten und den (zahlungspflichtigen) Zugang zu ihren digitalen Produkten (u.a. Online-Kursen) organisieren.
Vorteile:
- Keine Erstellungskosten
- Volle Infrastruktur inkl. Zahlungsabwicklung
- Niedrige laufende Kosten
Nachteile:
- Eingeschränkte Gestaltungsfreiheit
- Eingeschränkter Funktionsumfang
- Geteilte Kundendaten
Spezialisierte Kursplattform
Neben den o.g. Plattformen für Digitalprodukte im Allgemeinen ist es auf Online-Kurse spezialisierte Websites mit mehr Fokus auf eLearning (Hier geht’s zur Übersicht „Die 10 besten deutschen Plattformen für Online-Kurse„).
Vorteile:
- Keine Erstellungskosten
- Volle Infrastruktur inkl. Zahlungsabwicklung
- Breiter Funktionsumfang zum eLearning
Nachteile:
- Eingeschränkte Gestaltungsfreiheit
- Geteilte Kundendaten
- Fehlende Erweiterungsmöglichkeiten
5. Marketing: Wie bewerbe ich meinen Online-Kurs?
Eigenes Netzwerk
Bei allem Hype um’s Online-Marketing erfährt ein klassischer Kommunikationskanal sein Revival: die Mund zu Mund-Propaganda. Wenn Sie einen relevanten Wissens-Vorsprung haben auf Ihrem Gebiet, wird das Ihrem unmittelbaren und evtl erweiterten Umfeld nicht unentdeckt geblieben sein. Streuen Sie bei jeder Gelegenheit die Info zu Ihrem ab sofort verfügbaren Online-Kurs und bitten um engagiertes Weitersagen.
Social Media/Online Foren
Suchen Sie in Anschluss in passenden Facebook-Gruppen, folgen Sie Gleichgesinnten auf Twitter, kuratieren Sie Content auf Instagram, Pinterest und TikTok. Wer sich abseits von sozialen Algorithmen gezielter verbreiten will, kann auf Quora, Reddit- oder GuteFrage.net oder aber auch in Foren und Kommentarfunktionen einschlägiger Fachmagazine seine Spuren hinterlassen. Als Tipp: je subtiler der Verweis auf kostenpflichtiges eigenes Angebot, desto höher die Anziehungskraft.
Bezahlte Werbung
Gerade zum Start kann es Sinn (und Spaß) machen, der Verbreitung mit kleinem Budget nachzuhelfen. Der Growth Hack dabei sollte sein, nicht potentielle Kunden anzusprechen, sondern etwaige Multiplikatoren – je spezifischer ich dabei ziele, desto eher erreiche ich die Hardcore-Fans, die vor lauter Euphorie über „ihr Thema“ dann zum Fürsprecher und Verteiler der eigenen Sache werden.